Reiten auf breiten Rücken
Ihre Vorfahren wohnten hier bei uns schon vor ein bis zwei Millionen
Jahren. Die Letzten sind angeblich erst vor 4000 Jahren ausgestorben. Und
vielleicht saß ja auch damals schon einer unserer Vorfahren freiwillig oder
auch nicht auf ihrem Rücken.
Man unterscheidet Afrikanische Savannenelefanten in Süd- und Ostafrika,
vermutliche letzte Afrikanische Waldelefanten im Urwald Westafrikas und
Asiatische Elefanten in Indochina, Borneo und Sri Lanka.
In der freien Natur leben Mütter und Nachwuchs in Herdenverbänden. Die
Bullen sind meist Einzelgänger, nur selten finden sich einige Jüngere Herren
zeitweilig zusammen.
Wegen des Elfenbeins ihrer Stoßzähne beinahe ausgerottet leben heute
geschützt wieder ca. eine halbe Million in Afrika und ca. 35.000 in Asien. Das
in Depots gelagerte und wegen der gesetzlichen Bestimmungen unverkäufliche
Elfenbein, das eingesammelt oder Wilderern abgenommen worden ist hat einen so
hohen Marktwert, dass damit die gesamte Auslandsverschuldung der Ursprungsländer
gedeckt werden könnte.
Mit einer Schulterhöhe bis zu 3,80 Meter und 10 Tonnen Körpergewicht verbrauchen sie 200 kg Rauhfutter pro Tag. Wasser wird über viele Kilometer geortet.
Vor allem
mit dem hochspezialisierten Rüssel. Er kann einen Grashalm pflücken und auch
einen Baum mittlerer Stärke ausreissen.
Der Rüssel ist auch einer der wenigen Angriffspunkte für Räuber. Verliert ein Elefant im Kampf mit einem Löwen, oder mit einem Krokodil Teile des Rüssels ist er meist zu langsamem Sterben verurteilt.
Sie kommunizieren über weite Distanzen durch Laute im
Infraschallbereich. Also tiefe Töne, die für uns nicht mehr wahrnehmbar sind.
Zur Temperaturregulation verwenden sie ihre Ohren. Pro Minute fließen
bis zu 12 Liter Blut durch die feinen Gefäßnetzwerke und werden durch Fächeln
abgekühlt. Schwitzen können Elefanten nur im Bereich der Zehen.
Sie haben unter Landsäugetieren das größte Gehirn. Ihr Erinnerungsvermögen
ist legendär. Selbst nach Jahrzehnten finden sie in Trockenzeiten alte
Wasserstellen wieder.
Ihr Lebenszyklus ähnelt dem des Menschen. Erwachsen mit 20 pflanzen sie
sich bis 50 fort. Als Arbeitstiere gehen sie mit 60 in Pension und leben dann je
nach Versorgung noch mehr oder weniger lange.
Vor 2000 Jahren waren schon gezähmte Afrikanische Elefanten mit Hannibal
und seinen Mannen im Kampf um Rom bis in unsere Breiten vorgedrungen.
Unfreiwillig.
Dokumentiert ist auch, dass der römische General Aulus Plautius 43 vor
Christus die ersten Elefanten nach England gebracht hat.
In Asien waren sie lange Zeit im Kriegseinsatz. Abraham Lincoln bekam vom
thailändischen König Mongkut Elefanten zum Einsatz im Bürgerkrieg angeboten.
Ihre Hauptaufgabe besteht aber bis heute in der Arbeit im dichten Dschungel der
asiatischen Subtropen.
Die Geschichte vom lebenslänglichen Verband zwischen Mahout (der
Elefantenpfleger) und Elefant ist etwas übertrieben. Grundsätzlich hat jedes
Tier nur einen Pfleger. Er verbringt die meiste Zeit mit ihm. Und nur auf seine
Stimme ist der Elefant sensibilisiert. Fällt der Mahout aus welchen Gründen
auch immer aus, dann kann auch ein anderer seine Stelle nach einigem Training
einnehmen.
In letzter Zeit hat nun der Tourismus eine neue, vielleicht einfachere Betätigung für die Tiere gebracht. In Thailand, Laos und Kambodscha werden Stationen eingerichtet, die sich um das Wohl des Elefanten kümmern. Immer mehr werden aus den Wäldern geholt und von der harten Arbeit im Sumpf befreit. Mittlerweile gibt es medizinische Hilfe und Ausbildung für Elefanten und Pfleger, die westlichen Standard erreichen.
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Relativ neu sind Bestrebungen ökologisch verträglichen Tourismus in die
Region zu bringen. So wird Geld in ländliche Gebiete ohne elektrischen Strom
– aber mit Generator und Satellitenspiegel zur Kommunikation mit dem Rest der
Welt –gebracht. Und so die Infrastruktur geschaffen für ein vernünftiges
Leben. Zum Beispiel mit Arbeit für die Männer und Frauen für die
Futterersorgung und Unterkunft von Elefanten und Besuchern. Und mit der
Schaffung von Schulen und medizinischer Versorgung.
Abseits von touristischem Geschaukel in kolonialen Kisten auf Elefantenrücken
kann man mit den Tieren und ihren Pflegern Tage verbringen und einiges über ihr
Zusammenleben lernen.
Zum Beispiel wie man richtig aufsteigt. Nämlich für den geübten Reiter
gänzlich ungewohnt von rechts. Der Elefant hebt auf Kommando kurz das Bein.
Dann muss es schnell gehen. Rechts Bein auf sein Bein, am Ohr festgehalten und
mit Schwung das linke Bein Richtung Schulter hochgeschwungen und am Ohr
hochgezogen.
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Gelenkt wird nur mit der Stimme und den Knien am Ohr. Zur Unterstützung
kann auch mal am Ohr gezogen werden. Hat aber eher symbolischen Charakter. Wie
überhaupt Kommandos vom Besucher scheinbar ungehört abprallen, Geräusche des
nebenher gehenden Mahouts aber immer aufgenommen werden.
Den Haken, den Aufmerksame manchmal mehr oder weniger verborgen in der
Hand des Zirkusdompteurs sehen, den gibt es hier nicht.
Mahouts sind keine Dompteure. Und die Elefanten nicht zu Zirkusdeppen
verbogen.
Möglicherweise gibt es auch solche für eingeflogene Pauschaltouristen.
Die, mit denen wir durch den Dschungel von Laos gewandert sind und am
Morgen im Fluss ein Bad genommen haben, die können keine Kunststücke. Aber sie
haben uns einmal mehr gezeigt, was Mensch und Tier stumm gemeinsam erleben können.
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Einige Tage mit den Elefanten im Dschungel leben.
Und ohne Sattel auf besonders breitem Rücken reiten.
Ein unvergessliches Erlebnis.
Danke an die Mahouts, die uns alles immer wieder mit asiatischer Ruhe und
in laotischem Englisch erklärt haben und doch so im Hintergrund geblieben sind,
dass wir meinten allein zu sein.
Dr.
Friedrich Wollinger